Ende September 2013 brannten auf dem Gelände eines Erfurter Autohauses 15 fabrikneue Polizeieinsatzwagen aus. Fünf Jahre arbeiteten die Ermittlungsbehörden aufgrund des öffentlichen Interesses und politischem Druck, Ergebnisse konnte auch die mit 40 Beamt*innen eingerichtete Ermittlergruppe „Aufbauorganisation T5“ im LKA nicht liefern. Am 23.10.2018 meldete MDR Thüringen, dass LKA habe den Brandstifter ausfindig gemacht. Ein bereits wegen Brandstiftung verurteilter und sich in Haft befindlicher junger Mann habe die Tat gestanden. Wie sich herausstellte war der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt als Wahlhelfer für die NPD aktiv. Umso absurder mutet es da an, dass sich die Ermittlungen lange auf die linke Szene in Erfurt konzentrierten.
Hier nur einige Beispiele:
Ein Genosse wurde zeitweise von der Polizei als Beschuldigter geführt, was ihm allerdings nie mitgeteilt wurde. Bekannt wurde dies erst, als ein anderer Genosse mit einer Zeugenvorladung zur Brandstiftung bei der Roten Hilfe aufschlug. Befragtem Genossen wurden während seiner Vernehmung eine Liste an Telefonnummern vorgelegt, von denen er ihm bekannte identifizieren sollte. Dies lässt vermuten, dass diese Liste Ergebnis einer Funkzellenabfrage im Bereich des Tatorts war.
Ein weiterer Genosse wurde ebenfalls von der Polizei vernommen. Der Grund dafür war nicht eindeutig, es liegt allerdings nahe, dass er in den Fokus geriet, weil er einen Artikel über die Brandstiftung in den sozialen Netzwerken kommentiert hatte.
Ein von der Polizei als linker Treffpunkt konstruierter Ort wurde offenbar observiert. So wurden beispielsweise Pkws im Umfeld des Ortes erfasst und mehrere Vernehmungen über die Personen und Vorgänge dort geführt. Einem Genossen folgte das LKA bis zu seinem 60km von Erfurt entfernten Arbeitsort, um ihn dort als Zeugen zu befragen. Auffallend war hier insbesondere, dass ihm keine einzige Frage zum Tatkomplex der Brandstiftung oder dem zwischenzeitlich als Beschuldigten geführten Genossen gestellt wurde. Stattdessen fragten die zwei in zivil erschienenen Ermittler ausschließlich nach dem von der Polizei imaginierten Szeneort. Daraus schließen wir, dass es dem LKA darum ging, möglichst viele Informationen über linke Strukturen abzuschöpfen und ihnen die Brandstiftung lediglich als willkommener Anlass diente. Der Genosse tat das einzig richtige und äußerte sich zum Schutz seiner selbst, unserer Strukturen und Freund*innen nicht. Zu einer Vorladung durch die Staatsanwaltschaft und damit zu einer „Aussagepflicht“ für den Genossen kam es nicht. War eine solche Vorladung angesichts der inexistenten Verbindung zum eigentlichen Ermittlungsgegenstand nicht zu rechtfertigen?
Aus unserer Sicht zeigt sich erneut, dass den Behörden jeder Anlass recht ist, Linke zu verdächtigen, unter Druck zu setzen und auch am Arbeitsplatz einzuschüchtern. Sie wollen wissen, wie wir uns organisieren, um unser politisches Handeln zu erschweren, zu kriminalisieren und uns zum Aufgeben zu zwingen. In Zeiten von NSU (2.0), Blood & Honour, Combat 18 und den rechtsextremen Verflechtungen in der Bundeswehr ist dies eine klare Kampfansage gegen den Antifaschismus.
Repression kann jede*n schneller treffen als gedacht. Die Vorkommnisse zeigen, wie wichtig es ist, sich vor Ort über die Einschüchterungen auszutauschen und Solidarität zu organisieren. Meldet euch bei Anquatschversuchen und Vorladungen jeder Art – nur so können wir uns und unsere Strukturen schützen. Denn dagegen hilft nur Klappe halten und Rote Hilfe organisieren!
Solidarische Grüße,
Rote Hilfe Ortsgruppe Erfurt