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Achtung Aufgepasst

Die Erfurter Polizei scheint im Moment wahllos Leute einschüchtern bzw. kriminalisieren zu wollen: Uns ist zu Ohren gekommen, dass mehrere Leute Vorladungen als Zeuginnen und Zeugen zur Polizei erhalten haben, bei Ermittlungen zu Sachbeschädigungen im Graffitibereich im Vorfeld der Demonstration am 22.11.08. Vorladungen zur Polizei kann mensch ganz grundsätzlich ignorieren. Wir möchten euch bitten dies auch unbedingt zu tun und eurer Vorladung nicht folge zu leisten. Prinzipiell ist es am besten keine Aussagen zu machen.

Menschen die wegen dieser Sache ein Vorladung erhalten haben möchten wir bitten sich bei uns zu melden um weiteres vorgehen zu koordinieren[erfurt@rote-hilfe.de]. Zum Beispiel wäre interessant woher die Polizei die Daten genommen hat, denn zu eine Kartei wie politisch links in Erfurt oder Hausbesetzer – solidarisch ist nach wie vor illegal.

Weiterhin gibt es Briefe mit Fragebögen in Verfahren zu Erschleichung von Leistungen. Offensichtlich sollen damit die Leute der Straßenbahnbarty am 16.01.09 kriminalisiert werden (eine Unterstützungsaktion für das besetzte Haus im Rahmen einer Aktionswoche). Die Polizei hatte damals Leute nach dem Verlassen der Straßenbahn (und einem Gleiswechsel) gekesselt und später die Personalien aufgenommen sowie nach Fahrscheinen gefragt. Nur muss mensch aber eine halbe Stunde nach Verlassen einer Straßenbahn keinen Fahrschein mehr haben! Das wäre ja absurd! Also, keine Panik. Ihr könnt den Fragebogen ausfüllen und erzählen, wie unsinnig diese Anschuldigung ist – lasst euch dazu am besten beraten. Ihr könnt auch nichts tun. Wenn euch doch eine Verurteilung ins Haus schneit, dann natürlich Widerspruch einlegen! Spätestens zu diesem Zeitpunkt ist auch eine rechtliche Beratung (z.B. mit der Roten Hilfe) angebracht. Außerdem wäre es schön, wenn ihr eine Mail an das besetzte Haus schickt, dann gibt es die Möglichkeit euch bei den Rechtsstreitigkeiten zu unterstützen bzw. das vorgehen des Repressionsorgans öffentlich zu kritisieren.

“Alter Fritz”: Freispruch in Erfurt

Mit einem Freispruch endete am Freitag, 6. Februar, das Strafverfahren gegen eine Frau aus dem Landkreis Gotha, die wegen der Beteiligung am Überfall auf die Nazikneipe “Alter Fritz” am 23. Juni 2007 angeklagt war. Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Erfurt dauerte nur eine Dreiviertelstunde. Der einzige Belastungszeuge hatte lediglich beobachtet, daß die Betroffene in der Demo mitgelaufen war; an Gewalttätigkeiten habe sie sich nicht beteiligt. Wegen des Angriffs auf den “Alten Fritz” läuft noch ein weiteres Verfahren gegen eine Frau aus Jena, wobei die Staatsanwaltschaft eine Einstellung gem. § 154 StPO ohne weiteren Prozeß anstrebt.

Den Angriff auf den “Alten Fritz” hatte der CDU-Abgeordnete Michael Panse im Sommer 2007 zum Anlaß für eine Landtagsanfrage zum “Linksextremismus” genommen. Später schaltete sich auch die Erfurter NPD ein und veröffentlichte Namen und Adressen von elf der vierzehn kurz nach dem Überfall festgenommenen Antifaschisten im Internet. Diese persönlichen Daten waren den Nazis von einem Angehörigen der Polizei oder einer anderen Behörde zugespielt worden.

Daß diese Angelegenheit jetzt einen so erfreulichen Ausgang genommen hat, liegt auch daran, daß von den vierzehn Verhafteten kein einziger eine Aussage bei der Polizei gemacht hat. An dieses Beispiel sollten alle in Zukunft denken!

Quelle: Rote Hilfe Ortsgruppe Jena

ACHTUNG! Neues zum Zahnschutz

In unseren Rundbriefen 1/08 (PDF) und 2/08 (PDF) berichteten wir von zwei Verfahren gegen Genossen, bei denen in der Nähe von Versammlungen ein Zahnschutz gefunden wurde. Nachdem im ersten Verfahren das Amtsgericht Erfurt freigesprochen hatte, hat sich die Lage inzwischen geändert. Zwar wurde der Marburger Genosse in der Berufungsverhandlung nicht verurteilt (Einstellung im Hinblick auf eine andere Verurteilung gem. § 154 StPO). Das Landgericht Erfurt erklärte jedoch, daß es einen Zahnschutz für eine Schutzwaffe nach § 27 des Versammlungsgesetzes hält.
Mit diesem Wissen um einen sicheren Erfolg erschien am 29. Januar 2009 ein Erfurter Oberstaatsanwalt als Sitzungsvertreter in der erneuten Verhandlung gegen den Weimarer Genossen. Vor die Alternative gestellt, einer Einstellung zuzustimmen und 10 Stunden gemeinnützige Arbeit zu leisten oder sich auf ein langes Verfahren bis hin zum Oberlandesgericht einzulassen, entschied sich der Genosse für das überschaubarere Übel.

Was bedeutet das für alle Aktivisten?


Die Rechtsfrage, ob ein Zahnschutz eine “Schutzwaffe” ist, ist bislang nicht höchstrichterlich geklärt. Die Argumente dagegen sind stark und das Landgericht Cottbus hat dementsprechend entschieden. Zumindest im Landgerichtsbezirk Erfurt muß jedoch mit Strafen gerechnet werden, die erst vom Thüringer Oberlandesgericht kassiert werden können.
Wir verstehen gut, daß Betroffene Einstellungen vorziehen. Wir möchten Euch aber ermutigen, diesen Streit auszutragen, wenn Ihr selbst betroffen seid. Zumindest das Kostenrisiko können wir Euch weitgehend abnehmen (unbedingt vorher mit der Roten Hilfe Jena absprechen!)
Die uns vorliegenden Berichte deuten darauf hin, daß die Strafverfolgung wegen derartiger Demonstrationsdelikte (Mundschutz, Halstuch etc.) deutlich strenger wird. Betroffen sind vor allem Jugendliche. In dieser Lage benötigen wir geeignete Präzedenzurteile, die diese Entwicklung bremsen oder aufhalten.

Was ist eigentlich die Rote Hilfe

„Die Rote Hilfe e. V. ist eine parteiunabhängige, strömungsübergreifende
linke Schutz- und Solidaritätsorganisation.
Die Rote Hilfe unterstützt nach ihren Möglichkeiten
die Solidarität für alle, unabhängig von Parteizugehörigkeit
und Weltanschauung, die in der BRD auf Grund ihrer politischen
Betätigung verfolgt werden. Politische Betätigung in
diesem Sinne ist z. B. das Eintreten für die Ziele der ArbeiterInnenbewegung,
der antifaschistische, antisexistische, antirassistische,
demokratische oder gewerkschaftliche Kampf
und der Kampf gegen die Kriegsgefahr. Unsere Unterstützung
gilt denjenigen, die deswegen ihren Arbeitsplatz verlieren,
Berufsverbote erhalten, vor Gericht gestellt oder zu
Geld- und Gefängnisstrafen verurteilt werden oder sonstige
Nachteile erleiden. Darüber hinaus gilt die Solidarität der
Roten Hilfe den von der Reaktion Verfolgten in allen Ländern
der Erde.“ (§2 der Satzung der Roten Hilfe)

Im November 2006 sind bundesweit etwa 4300 Menschen
in der Roten Hilfe organisiert, und die aktive Arbeit
wird von fast 40 Orts- und Regionalgruppen getragen. Damit
ist die Rote Hilfe innerhalb der letzten Jahre zu einer
der mitgliederstärksten Organisationen der Linken geworden.
Die Mitglieder der Roten Hilfe kommen aus den unterschiedlichsten
Teilbereichen der Linken in der BRD, z. B.:

– aus der kommunistischen, sozialistischen, anarchistischen Bewegung
– aus der Friedensbewegung und dem antimilitaristischen Spektrum
– aus der Anti-Atom- und Anti-Castor-Bewegung
– aus internationalistischen und antiimperialistischenZusammenhängen
– aus der Ökologie- und Umweltbewegung
– aus Rechtshilfegruppen sowie BürgerInnenund Menschenrechtskreisen
– aus der antifaschistischen Bewegung
– aus der feministischen Bewegung und aus FrauenLesben-Zusammenhängen
– aus antirassistischen Zusammenhängen und der Flüchtlingsbewegung
– aus den Gewerkschaften
– aus Arbeits- und weiteren vielfältigen sozialen Kämpfen.

Es ist der Roten Hilfe somit gelungen, dem strömungsübergreifenden
Charakter der Organisation gerecht zu werden
und zu beweisen, dass auf einer solchen Basis gemeinsam
politisch agiert werden kann.

Gründungstreffen

Gründungsveranstaltung der Roten Hilfe Erfurt

Die erste Ortsgruppenmitgliedeversammlung findet am 11.12.2008, 19:00 Uhr, ver.di-Jugendklub „Filler“, Schillerstraße 44, 99096 Erfurt statt. Einführend wird der Historiker Dr. Nick Brauns einen Vortrag über die Geschichte der „Roten Hilfe“ halten.
Anschließend soll die Gründung einer Ortsgruppe der „Roten Hilfe“ in Erfurt in Angriff genommen werden, um auch in Erfurt für politisch Verfolgte aus dem linken Spektrum politische, juristische und materielle Hilfe zu organisieren.