PMs der OG Frankfurt und Blockupy zu den Hausdurchsuchungen

Pressemitteilung der Roten Hilfe Frankfurt am Main vom 06.02.2013

Bundesweite Hausdurchsuchungen: Angriff auf linken Journalismus

Am frühen Morgen des heutigen 6. Februar durchsuchte der Frankfurter
Staatsschutz in Frankfurt am Main, Berlin, Freiburg, Brandenburg und
Nordrhein-Westfalen die Wohnungen von mindestens sieben FotografInnen.

Offensichtlich war die Polizei auf der Suche nach Fotos von der
antikapitalistischen Demonstration vom 31. März 2012 in Frankfurt. Bei
der Demonstration mit 6000 TeilnehmerInnen wurde unter anderem die
Europäische Zentralbank als Akteurin der europäischen Krisenpolitik
angegriffen. Im Verlauf der Demonstration kam es zu Auseinandersetzungen
mit der Polizei, die verhinderte, dass
die Demonstration ihr eigentliches Ziel, den Neubau der EZB, erreichen
konnte. Am Rande soll ein Polizist mit Pfefferspray besprüht und
getreten worden sein. Die Polizei bauschte das zunächst zu
einem „versuchten Totschlag“ auf und nimmt ihre verzerrte Wahrnehmung
nun zum Anlass, die Pressefreiheit auszuhebeln.

Nachdem Polizei und Staatsanwaltschaft mit ihrem Versuch gescheitert
sind, linke AktivistInnen unter Druck zu setzen und mit Strafgeldern zu
Aussagen zu zwingen, gehen sie nun noch einen Schritt weiter: Bei den
Durchsuchungen wurden Computer, Laptops, Kameras, Handys und andere
Datenträger beschlagnahmt. Damit hat die Polizei den JournalistInnen
nicht nur ihre Arbeitsmittel entzogen, sondern im Endeffekt rechtlich
geschützte Redaktionsräume durchsucht.
„Die Frankfurter Polizei möchte offenbar nach der Einschränkung des
Grundrechts auf Versammlungsfreiheit bei Blockupy nun auch das nächste
Prinzip der Demokratie, die Pressefreiheit, angreifen“, so die
Sprecherin der Frankfurter Roten Hilfe, Jona Fritz.

Mit ihrer völlig unsinnigen „Gefahreneinschätzung“ vor den
Blockupy-Aktionstagen 2012 haben Polizei und Stadtverwaltung damals ihr
völlig überzogenes Polizei-Aufgebot gerechtfertigt. Vor den
anstehenden Krisenprotesten 2013 scheint zumindest der Frankfurter
Staatsschutz eine ähnliche Eskalationsstrategie zu verfolgen.


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Pressemitteilung
Blockupy Frankfurt
6. Februar 2013

* Bundesweite Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmen bei Fotojournalisten

* Blockupy verurteilt Grundrechtsverletzung als Einschüchterungsversuch

Am frühen Morgen des heutigen Mittwoch haben Beamte mindestens zehn
Wohn- und Arbeitsräume von Fotojournalisten in Berlin, Brandenburg,
Nordrhein-Westfalen, Hessen und Baden-Württemberg zeitgleich durchsucht.
Dabei beschlagnahmten sie zahlreiche Computer und Speichermedien sowie
Fotoausrüstung, in Freiburg wurden auch ein Mobiltelefon und Drucksachen
beschlagnahmt. Laut Durchsuchungsbeschluss werden die Fotojournalisten
nicht selbst einer Straftat verdächtigt oder beschuldigt. Vielmehr hofft
die Frankfurter Staatsanwaltschaft, Beweise für unterstellte Straftaten
von Teilnehmern einer Demonstration am 31. März 2012 in Frankfurt zu finden.

„Das ist ein Angriff auf die Pressefreiheit und auf demokratische
Grundrechte insgesamt. Mit dieser Aktion wollen sich Polizei und
Staatsanwaltschaft offenbar selbst einen Blankoscheck für Rechtsbruch
und Schikane ausstellen. In Zukunft muss schon mit einer
Hausdurchsuchung rechnen, wer beruflich über soziale Proteste
berichtet“, sagte Martin Sommer vom Bündnis Blockupy Frankfurt.
„Flächendeckende Hausdurchsuchungen bei Unverdächtigen sind an sich
schon ein Skandal. Bedeutende Grundrechte einer demokratischen
Gesellschaft werden mit Füßen getreten. Dass nun auch Journalisten
eingeschüchtert und in ihrer Arbeit behindert werden, setzt dem die
Krone auf.“

Besondere Brisanz gewinnt die heutige Polizeiaktion aus Sicht des
Blockupy-Bündnisses vor dem Hintergrund der Verbotsorgie während der
Blockupy-Aktionstage vom 16. bis 19. Mai 2012 in Frankfurt am Main.

Roland Süß vom Blockupy-Bündnis: „Mit den Razzien heute setzen Polizei
und Staatsanwaltschaft eine beispiellose Serie von
Grundrechtsverletzungen fort. Letztes Jahr war es die
Versammlungsfreiheit, wofür die Polizei nun Entschädigungen zahlen muss.
Dieses Jahr ist es die Pressefreiheit. Es ist offensichtlich, dass eine
breite Protestbewegung eingeschüchtert und kriminalisiert werden soll.
Doch wir bleiben solidarisch mit allen, die für eine sozialere
Gesellschaft streiten.“

Für den 31. Mai und 1. Juni dieses Jahres hat das Blockupy-Bündnis
erneut europäische Aktionstage in Frankfurt am Main angekündigt. Am 17.
Februar findet dazu ein weiteres bundesweites Mobilisierungstreffen in
Frankfurt statt.

+ Justiz rügt Rechtbrüche von Stadt und Polizei bei Blockupy

Während der Blockupy-Tage 2012 hatte die Stadt ein umfassendes
Versammlungsverbot erlassen, die Polizei verhängte gegen hunderte
Anreisende unrechtmäßig Stadtverbote und sperrte die Frankfurter
Innenstadt großflächig ab. Viele dieser Maßnahmen wurden nachträglich
durch Gerichte als rechtswidrig erkannt, weitere Verfahren laufen. So
hat das Amtsgericht Gießen kürzlich Protestierenden, die seinerzeit über
Stunden festgehalten und an der Ausübung ihres Demonstrationsrechts
gehindert wurden, Entschädigungszahlungen in Höhe von je 500 Euro
zugesprochen. Auch hunderte im Vorfeld der Tage ausgesprochene
Aufenthaltsverbote musste die Polizei wieder zurücknehmen; im Oktober
entschied das Frankfurter Verwaltungsgericht, dass eine Kundgebung des
„Komitees für Grundrechte und Demokratie“ nicht hätte verboten werden
dürfen.

Bei der ­ gerichtlich genehmigten ­ Blockupy-Abschluss-Demonstration im
Mai 2012 gingen 30.000 Menschen gegen die europaweite Verarmungspolitik
und für Versammlungsfreiheit auf der Straße.

+ Kritik an Razzien auch von Gewerkschaft und Journalistenverband

In ersten Reaktionen haben auch Gewerkschaftsvertreter und
Journalistenverbände die heutigen Durchsuchungen als grundrechtswidrig
kritisiert. „Medienvertreter sind keine Hilfspolizisten, und ihre Arbeit
einzuschränken ist falsch“, sagte Verdi-Vertreter Andreas Köhn laut
Tagesspiegel (6.2.2013). Cornelia Haß von der Deutschen Journalistinnen-
und Journalistenunion sagte: „Die durchgeführten Maßnahmen entbehren
jeder Verhältnismäßigkeit und entsprechen keinerlei rechtsstaatlichen
Standards.“ (Pressemitteilung dju)

Weitere Informationen:

* Mobilisierungstreffen Blockupy 2013:
http://www.blockupy-frankfurt.de/de/2013/einladung170213

* Artikel zu heutigen Razzien des Tagesspiegel:
http://www.tagesspiegel.de/berlin/polizei-justiz/ermittlung-wegen-koerperver
letzung-bundesweite-razzia-bei-fotografen/7742288.html

* Stellungnahme der Deutschen Journalistinnen- und Journalistenunion
(dju) in Verdi:
https://dju.verdi.de/pressemitteilungen/showNews?id=f955a9d2-7049-11e2-7307-
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