„Was heißt hier Siegerjustiz? Eine Veranstaltungsreihe zur Kritik realsozialistischer Zustände“
30. September bis 18. Oktober 2017 in Dresden
Weiter Infos zu organisierenden Gruppen und den Veranstaltungen: [hier]
Wir wollen die Mitglieder unserer Ortsgruppe und alle sich als politisch links verstehende, auf diese Veranstaltungsreihe hinweisen. Die Auseinandersetzung mit DDR und fortlebenden Ideologien ist wichtig, um sich in der Gegenwart und für die Zukunft politisch zu verorten – dabei muss sich eine an Emanzipation und Vernunft orientierte politische Linke mit „ihrem Erbe“ auseinandersetzen, nicht nur um politischen Angriffen (Antikommunismus) argumentativ entgegenzutreten, sondern auch um zu verstehen, was der DDR und Sowjet-Sozialismus bedeutet hat und was es Linken heute noch bedeutet und wie es ihre theoretischen und praktischen Bemühungen prägt. Von autoritären Bestrebungen sind auch linke Gruppen und Zusammenhänge nicht frei – was nun von der Gesellschaft als links bezeichnet wird, ist kein heterogener Zusammenschluss: heterogen ja, aber kein Zusammenschluss – so aus der Perspektive der Aktivist*innen. In Bezug auf den Organisationscharakter der Roten Hilfe sieht es damit anders aus – strömungsübergreifend unterstützt die Rote Hilfe von Repression Betroffene Linke. Das Selbstverständnis ist alltägliche Herausforderung. Deshalb kann der Realsozialismus nicht unbeachtet bleiben, innerhalb der Roten Hilfe regt sich nun etwas und wir hoffen auf eine Diskussion bundesweit. Im Folgenden dokumentieren wir die Ankündigung aus Dresden:
Im Dezember 2016 erschien unter dem Titel „Siegerjustiz – Verfolgung und Delegitimierung eines sozialistischen Versuchs seit 1990“ die Ausgabe 4/2016 der Rote Hilfe Zeitung (RHZ). Zu Wort kamen ehemalige Funktionäre der DDR, die sich darüber beklagten, wie harsch mit ihnen umgegangen wurde. Es waren genau diese Funktionäre, die durch ihr Tun im Namen von Sozialismus und Kommunismus ein repressives System aufbauten, vertraten, mittrugen und Menschen indoktrinierten und ihnen die Selbstbestimmung absprachen.
Die Rote Hilfe Ortsgruppe Dresden (RH DD) wollte das so nicht hinnehmen und forderte eine kritische Auseinandersetzung mit der DDR-Geschichte. Um eine Diskussion anzuregen verfasste sie ein Statement an die Gesamtorganisation der Roten Hilfe und die lokalen linksradikalen Strukturen. Es gab einzelne Gruppen, vornehmlich ostdeutsche, die wie die RH DD eine Verklärung des repressiven DDR-Systems ebenfalls ablehnen. [1] Ob es eine Ausgabe zur Repression gegen linke Oppositionelle in der DDR geben wird, wie sie die RH DD einfordert, ist aus der Erklärung des Redaktionskollektivs der RHZ und des Bundesvorstandes der Roten Hilfe indes nicht ersichtlich. [2]
Für uns scheint es immer noch einen tiefen Graben zwischen Linken in Ost- und Westdeutschland zu geben. Teile der „West-Linken“ sprechen Genoss*Innen, die in der DDR sozialisiert und teilweise durch DDR-Organe verfolgt wurden, ab, ihre eigene Geschichte besser beurteilen und einschätzen zu können. Kritik bzw. Ablehnung eines erlebten repressiven Regimes, dass sich anmaßte, den Sozialismus zu verkörpern wird schlicht als Antikommunismus abgetan. Möglicherweise geschieht dies aus Angst der bürgerlichen Geschichtsinterpretation in die Hände zu spielen. Vehement wird beschönigt, was dringend von links aufgearbeitet und kritisiert werden muss,sollen sich Fehler nicht wiederholen. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass es niemandem etwas bringt, eine Gesellschaftsordnung zu beschönigen, die alles, was nicht in das vorgeschriebene Schema passte, verfolgte.
Antiautoritär zu sein bedeutet für uns auch immer eine aufrichtige Auseinandersetzung mit unserer Vergangenheit. Die Kritik des Kommunismus darf nicht den Antikommunist*innen überlassen werden. Aus diesem Grund haben sich linksradikale Gruppen in Dresden zusammengetan und eine kleine Reihe mit dem Namen „Was heißt hier Siegerjustiz? – Kritik real-sozialistischer Zustände“ organisiert. In mehreren Veranstaltungen wollen wir uns dem Lebensalltag der DDR annähern. Zum einen geht es dabei um Erfahrungswelten der Oppostion und Subkultur. Zum anderen möchten wir über die Propaganda der DDR-Organe genauso wie über das Problem des Nazismus und Rassismus in der DDR sprechen. Lassen wir nicht zu, dass immer die vermeintlichen Sieger der Geschichte ihre Propaganda als Wahrheit auftischen – egal ob Linke oder Antikommunist*innen.
[1] Einige kritische Statements der
RoteN Hilfe Dresden 1, 2 & 3Internationalistisches Zentrum, e*vibes, FAU-Dresden – AG Feminismus
Anarchist Black Cross Dresden
Anarchist Black Cross Dresden und Jena
Ostgruppen der Interventionistischen Linken
Rote Hilfe Leipzig
Rote Hilfe Bielefeld[2] Erklärung des Bundesvorstandes und des Redaktionskollektivs