28.4.: Rassismus benennen! Aufruf zur Prozessbegleitung

Im letzten Oktober fand bereits ein Prozess wegen des Vorwurfs Beleidigung gegen einen Genossen statt, der eine rassistische Kontrolle durch deutsche Polizeibeamte auch als solche benannte. Beim Prozess gegen ihn kam es erneut zur Benennung von Tatsachen. Darum steht nun eine Genossin vor Gericht.

Kommt zum Prozess am morgigen Dienstag, lasst euch den Mund nicht verbieten! Mit Sicherheitskontrollen am Einlass ist zu rechnen, also Taschen kontrollieren und rechtzeitig vor Ort sein! 13:30 beim Amtsgericht Erfurt aufzuschlagen, schadet nicht.

Lest im Folgenden den Aufruf zur Prozessbegleitung als auch die Hintergründe, die sich auf den Prozess im Oktober 2014 beziehen:

Am Dienstag, den 28.4.2015 findet im Amtsgericht Erfurt um 14 Uhr ein Prozess gegen F. statt, die im Rahmen einer Verhandlung gegen B. am 24.10.2014 dessen Vorwurf des Rassismus gegenüber zwei Polizeibeamten wiederholte. Sie lädt dazu ein, ihren Prozess zu begleiten und sie so zu unterstützen.

Hintergrund
B. stand vor Gericht, weil er bei einer offensichtlich rassistischen Personenkontrolle am 17.5.2014 am Anger in Erfurt einschritt und den Beamten, die ihre Kontrolle nicht abbrechen wollten, sagte, dass diese Rassisten seien. Die zwei Beamten waren eigentlich zur Sicherung einer Kundgebung angehalten, jedoch schien es ihnen ein Bedürfnis zu sein, Personen zu kontrollieren, die sie als nicht-weiß bzw. nicht-deutsch konstruierten (in den Akten steht „südländisches Aussehen“). Während dieser Gerichtsverhandlung wurde offensichtlich, dass das Gericht und die Staatsanwaltschaft rassistische Motive und Handlungen nicht als solchen erkannten. Die als Zeugen geladenen und auch bereits zur Personenkontrolle anwesenden Polizeibeamten überboten sich gemeinschaftlich mit den anderen anwesenden Polizeibeamt*innen sogar
noch gegenseitig in ihrem Rassismus.

So musste sich Shariff als einzige Person vor der Glasfront des Gerichtes bis auf die Unterhose ausziehen, da auch keine*r der Polizist*innen sich die Mühe machte, die Anweisungen zu übersetzen – S. ist Schwarz. Tom, ein dunkelhäutiger Deutscher, wurde als Einziger bei der Einlasskontrolle gefragt, ob er ansteckende Krankheiten hätte. B. selbst wurde im Gericht das Wort entzogen, als er seine Auseinandersetzung mit seinem eigenen Rassismus und dem Rassismus Deutschlands ausführen wollte. Er verließ daraufhin aus Protest den Gerichtssaal. Die beiden Beamten sagten als Anzeigenersteller und Zeugen gegen B. aus und sind nun auch zu F.s Prozess in gleicher Funktion geladen.

Am 28.4. sitzt damit nun erneut eine engagierte Person auf der Anklagebank, die nochmals benannt hatte, was offensichtlich zu sehen war: rassistisches Verhalten. Es wird ein weiteres Kapitel sein, welches aufzeigt, wie tief Rassismus in deutschen Institutionen verankert ist und dass eine reflektierende Auseinandersetzung damit unerwünscht ist. Daran haben weder die Selbstenttarnung des NSU, noch die Morde an Oury Jalloh und anderen Nicht-Deutschen durch deutsche Polizeibeamte oder die aktuell wieder thematisierten Toten des Massengrabes Mittelmeer irgendetwas ändern können.

Lasst uns gemeinsam zum Prozess kommen und aktiv werden. Struktureller Rassismus tötet, vertreibt, deportiert und isoliert. Also lasst uns aufhören, zu diskutieren, und fallen wir stattdessen dem Rad in die Speichen!

Amtsgericht Erfurt
Rudolfstraße 46
99092 Erfurt

Anreise
Haltestelle: Bahnhofsvorplatz Erfurt
alle Linien Richtung Innenstadt bis Haltestelle „Anger“
von dort Linie 4 Richtung Bindersleben – Flughafen bis Haltestelle „Justizzentrum“