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[Prozessbericht] Arnstadt: Bußgeld wegen AbschiebeBlockade

Letzte Woche wehrte sich ein:e Aktivistin am Amtsgericht Arnstadt ein gegen ein Bußgeld. Vorwurf und Anlass für die Geldforderung war eine Blockadeaktion gegen eine Abschiebung im vergangenen Jahr. Der Prozess wurde offensiv und politisch geführt und draußen vor dem Gericht von einer solidarischen Kundgebung gegen Abschiebung und Repression begleitet. Das Gerichtsverfahren endete in diesem Fall erfolgreich mit einem Freispruch. Prozesse gegen viele weitere Aktivist:innen stehen noch an.

Wir halten folgend den Bericht von der Seebrücke Erfurt über das Geschehen am Amtsgericht Arnstadt fest. Wir danken für die Dokumentation, die zeigt: Es lohnt sich! Den betroffenen kämpferischen Aktivist:innen sprechen wir unsere volle Solidarität aus.

JEDE ABSCHIEBUNG IST EIN VERBRECHEN – SIE ZU VERHINDERN NICHT!

BERICHT ÜBER SOLIDARITÄT UND REPRESSION

Bericht von Prozess und Kundgebung „Jede Abschiebung ist ein Verbrechen – sie zu verhindern nicht!“ am 9. August 2024 in Arnstadt – Aufruf zu anhaltender Solidarität

Am 9. August 2024 verteidigte sich ein*e Aktivist*in im Amtsgericht Arnstadt gegen ein saftiges, aufgrund einer Abschiebeblockade verhängtes Bußgeld – erfolgreich! Das Verfahren endete mit einem Freispruch.

Der Person wurde als eine*r von sechzig Antirassist*innen vorgeworfen, bei der Blockade eines nächtlichen Abschiebeversuchs am 1. Juni 2023 gegen das Versammlungsgesetz verstoßen zu haben: Die Aktivist*innen seien nicht weggegangen, als die Polizei, die in dieser Nacht einen Menschen aus seinem Zuhause abschieben wollte, sie dazu aufforderte.

Über 50 solidarische Menschen begleiteten am Freitag den Prozess drinnen im Gericht und draußen mit einer lautstarken, fröhlichen und kraftvollen Soli-Kundgebung. Ein übertriebenes Polizeiaufgebot begleitete die Kundgebungsteilnehmer*innen bereits ab dem Erfurter Hauptbahnhof bis zum Gericht in Arnstadt. Weiter ging es mit absurd „gründlichen“ Sicherheitsauflagen und Kontrollen im Gericht. 

Im Saal eröffnete der*die Aktivist*in mit einer Prozesserklärung und stellte klar:

„Jede Abschiebung ist ein Verbrechen – sie zu verhindern nicht […] Sich der Abschiebung eines Menschen laut oder leise entgegen zu stellen, kann und darf nicht falsch sein. Wenn ein Mensch seinem Zuhause entrissen werden soll, sollte der Protest dagegen vielmehr unser aller Pflicht sein. Mir liegt also fern, das Bußgeld für einen solchen Vorwurf einfach stillschweigend anzunehmen.“

Auch vor dem Gericht führten Menschen in Redebeiträgen die Kritik an der Festung Europa und ihrem Abschottungs- und Abschieberegime aus: 

„Die EU-Staaten kriminalisieren und schikanieren zivile Seenotretter*innen fortwährend, Polizei und Frontex drängen Migrant*innen an den Außengrenzen durch illegale Pushbacks zurück, in Lagern an den EU-Außengrenzen herrschen menschenunwürdige Bedingungen. Die bereits beschlossene Reform des europäischen Asylsystems GEAS wird all das noch schlimmer machen. […] Europa, Bund und Länder überbieten sich in einem beängstigenden Eifer damit, immer repressivere Bedingungen für Menschen auf der Flucht zu schaffen – mehr abzuschotten, mehr zu entrechten, mehr abzuschieben.“

Die*der Aktivist*in und deren Verteidiger befragten die Zeugen von Polizei und Ausländerbehörde. Durch deren Aussagen bestätigte sich, dass die Räumung der versammelten Aktivist*innen noch durchgesetzt wurde, obwohl der Abschiebeflug längst abgeblasen war. In einem im Gerichtssaal abgespielten Video der Polizei hört man den Einsatzleiter rufen, die Aktivist*innen hätten die Abschiebung „erfolgreich torpediert“. Offen blieb, ob – und wenn ja, warum – Einsatzkräfte nach der Räumung dennoch versuchten, die Wohnungstür aufzubrechen. Laut Richter war das auf einzelnen Videos zu sehen, die Zeugen konnten sich nicht mehr erinnern.

Durch kritische Fragen an die Mitarbeiter der Ausländerbehörde kam zutage, dass bei vorherigen Abschiebeversuchen gegen die Familie ein Mensch aus dem Fenster sprang, um sich zu retten und sich dabei stark verletzte. Das Politische wollte der Richter zwar aus dem Gerichtssaal fernhalten, doch selbst er habe die „Augenbrauen hochgezogen“, als er hörte, dass der Mensch, der im Juni 2023 abgeschoben werden sollte, nach alldem inzwischen anerkannten Flüchtlingsschutz in Deutschland hat. Trotz der vor Augen geführten Ungerechtigkeit des Abschiebesystems pochte der Richter darauf, dass Ausländerbehörde und Polizei lediglich geltendes Recht durchsetzten.

Schließlich kam der Richter zu seinem Urteil: Freispruch. Seine Begründung: Das Bußgeld fuße auf dem Vorwurf, die Aktivist*innen hätten trotz Aufforderung der Polizei ihren Versammlungsort vor dem Haus nicht verlassen. Ein Teil der Gruppe habe dies jedoch getan – und zogen in das Haus um, wo sie das Treppenhaus blockierten. Dort seien sie keine Versammlung unter freiem Himmel mehr gewesen und somit hätten diese Menschen sich rechtlich gesehen der Aufforderung der Polizei nicht widersetzt. Da der Richter die beschuldigte Person auf den Videoaufnahmen der Polizei nicht vor dem Haus identifizieren konnte, sprach er die*den Aktivist*in frei. Gut so!

Die Verteidigung stellte in ihrem Plädoyer klar: Die Polizei verletzte das Grundrecht der Aktivist*innen auf Versammlungsfreiheit und handelte rechtswidrig, indem sie die Versammlung unverhältnismäßiger Weise auflöste, obwohl die Abschiebung bereits abgesagt war. Der Richter sah zwar die Blockade auch als politische Versammlung an – so skandierten die Demonstrierenden laut „No border, no nation – stop deportation!“ und hätten „Solidarisierungseffekte“ erreichen wollen. Polizist:innen wurden aufgefordert, den Dienst zu verweigern. Dennoch hielt der Richter die Auflösung der Versammlung vor dem Haus für legitim. Er sah eine „Gefährdung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung“ und verwies auf in ihrer Ruhe gestörte Nachbar*innen und (ironischerweise) auf die Freihaltung von Fluchtwegen. Nach dieser Argumentation kann kein Freispruch für alle noch zukünftig von Verfahren betroffenen Aktivist*innen erwartet werden. Immer noch droht zahlreichen Menschen Repression durch das angedrohte Bußgeld.

Der Richter betonte sein mangelndes Verständnis für „zivilen Ungehorsam und Selbstjustiz“. Wir hingegen haben größtes Verständnis und schließen uns den Worten des*der beschuldigten Aktivist*in an:

„Ich bin dankbar für die Menschen, die in der Nacht des 1. Juni 2023 da waren, um einem Menschen in einer akuten Notlage beizustehen und gegen Unrecht zu protestieren – und letztendlich sogar tatsächlich eine Abschiebung verhindern konnten. Ich hoffe, dass Menschen darin bestärkt werden, sich Rassismus, Unrecht, Abschiebung entschlossen entgegenzustellen, dass sie gerade in diesen Zeiten den Mut fassen, ihre Nachbar*innen, Freund*innen und Kolleg*innen nicht allein zu lassen, sollten mal Polizei und Ausländerbehörde an ihre Tür hämmern und sie mitnehmen wollen.“

Dutzenden weiteren Menschen droht ein Bußgeld in der Höhe von 228,50 €. Auch wenn der Richter wiederholt betonte, dass er niemanden als „Verbrecher“ behandele, werden hier zahlreiche Menschen mit Bußgeldern von insgesamt über 13.000 € überzogen und so für ihre praktische Solidarität sanktioniert. Doch wir sagen: Da gibt es nichts zu büßen. Wir stehen hinter den betroffenen Aktivist*innen – egal, ob sie vor, hinter oder im Haus solidarisch waren, um sich einer Abschiebung entgegenzustellen! Denn: Jede Abschiebung ist ein Verbrechen – sie zu verhindern nicht.

Weitere Menschen werden sich noch vor Gericht gegen die Repression wehren müssen. Lassen wir sie nicht alleine. Also bleibt aufmerksam! Termine folgen.

Wir haben gesehen: Wir können Abschiebungen verhindern! Politische Prozessführung lohnt sich! Gelebte Solidarität ist der Hammer! We stick together – gegen Abschiebung und Repression!

Unterstützt Initiativen wie das Netzwerk Soli-Asyl Thüringen und die Rote Hilfe. Stop Deportation! Fight Repression!

09.08. Arnstadt: Kundgebung gegen Abschiebung und Repression

Wie angekündigt wurde im Mai die Verhandlung am Amtsgericht Arnstadt gegen eine:n von vielen Aktivist:innen, die wegen einer Abschiebeblockade ein Bußgeld zahlen sollen, verschoben. Nun gibt es einen neuen Termin. Am 9. August wird das Bußgeld verhandelt – aufgerufen wird zur kritischen und solidarischen Begleitung des Prozesses inklusive Kundgebung.

Wir teilen folgend den Aufruf, den die Seebrücken Erfurt und Jena veröffentlicht haben:

JEDE ABSCHIEBUNG IST EIN VERBRECHEN – SIE ZU VERHINDERN NICHT!

Kommt zur Kundgebung: Gegen jede Abschiebung! Auf die Straße gegen Repression und Kriminalisierung! Für Bewegungsfreiheit und praktische Solidarität!

Zeit: 09.08.2024 8:30 Uhr
Ort: Amtsgericht Arnstadt (Längwitzer Str. 26)
Anreise: 8:05 Uhr ab Erfurt Hbf (Gleis 6)

Vor einem Jahr versammelten sich 60 Menschen nachts vor dem Haus einer Person in Arnstadt, um deren Abschiebung zu verhindern. Die Polizei räumte die Blockade mit Gewalt, um ihren rassistischen Auftrag zu erfüllen: einen schutzsuchenden Menschen in ein Land abzuschieben, aus dem ihm eine Kettenabschiebung nach Syrien – und somit sein Tod – drohte.

Die Blockade hatte Erfolg, der Mensch konnte nicht abgeschoben werden. Für ihre Solidarität werden Menschen nun zu Bußgeldern in dreistelliger Höhe verdonnert. Am 09.08. findet die öffentliche Verhandlung einer Person vor dem Amtsgericht Arnstadt statt. Wir wollen an diesem Tag unseren Protest laut machen – gegen jede Abschiebung, egal von wem, egal wohin!

Zeigen wir, dass unser Widerstand nicht zu brechen ist. Kommt und zeigt eure Solidarität. Gegen den Staat, der versucht, uns zu trennen. Für das Recht zu kommen, zu gehen und zu bleiben – für alle!

Gemeinsame Anreise
Abfahrt 8:05 Erfurt Hbf, Gleis 6
Ankunft 8:24 Arnstadt Süd (nur wenige Minuten Fußweg vom Amtsgericht)

[Anlaufstelle] 1. August 2024

Bestes Wetter, trotzdem repressive Zeiten: Stress mit Cops bei der letzten Demo und unsicher was jetzt passiert? Unschöne Post von Polizei oder Staatsanwaltschaft bekommen? Wie immer gilt: Keine Panik, ihr seid nicht allein! Ein offenes Ohr, Antworten auf eure Fragen und Tipps für den Umgang mit den Kniffen der Ermittlungsbehörden gibt es bei unserer Anlaufstelle für Betroffene von Repression.

Am 1. August 2024 sind wir – wie jeden ersten Donnerstag im Monat – mit unserer Anlaufstelle wieder für euch da.

Bringt am besten vorliegende Papiere mit. Wenn ihr sichergehen wollt, kündigt euch gern per Mail (mit Vorliebe verschlüsselt) an.

Wie ist es mit Covid und Infektionsschutz? Wir finden es nett und rücksichtsvoll, wenn ihr negativ getestet bzw. mit medizinischer Maske kommt und bei entsprechenden Symptomen besondere Vorsicht walten lasst.

Wann? Donnerstag, den 1. August 2024 von 18 bis 19 Uhr
Wo? Offene Arbeit Erfurt (Allerheiligenstraße 9), Hinterhaus

[Anlaufstelle] 4. Juli 2024

Stress mit Cops bei der letzten Demo und unsicher was jetzt passiert? Unschöne Post von Polizei oder Staatsanwaltschaft bekommen? Wie immer gilt: Keine Panik, ihr seid nicht allein! Ein offenes Ohr, Antworten auf eure Fragen und Tipps für den Umgang mit den Kniffen der Ermittlungsbehörden gibt es bei unserer Anlaufstelle für Betroffene von Repression.

Am 4. Juli 2024 sind wir – wie jeden ersten Donnerstag im Monat – mit unserer Anlaufstelle wieder für euch da.

Bringt am besten vorliegende Papiere mit. Wenn ihr sichergehen wollt, kündigt euch gern per Mail (mit Vorliebe verschlüsselt) an.

Wie ist es mit Covid und Infektionsschutz? Wir finden es nett und rücksichtsvoll, wenn ihr negativ getestet bzw. mit medizinischer Maske kommt und bei entsprechenden Symptomen besondere Vorsicht walten lasst.

Wann? Donnerstag, den 4. Juli 2024 von 18 bis 19 Uhr
Wo? Offene Arbeit Erfurt (Allerheiligenstraße 9), Hinterhaus

[VERSCHOBEN] Kundgebung gegen Abschiebung und Repression

Wichtiges Update [16.05.2024]: Der Gerichtstermin am 21.05. wurde vom Amtsgericht Arnstadt abgesagt. Deshalb fällt auch die solidarische Kundgebung an diesem Tag aus. Wann der Termin nachgeholt wird, ist noch unklar. Bleibt auf dem Laufenden und solidarisch gegen Abschiebung und Repression!

Wir dokumentieren und unterstützen den folgenden Aufruf zum Protest gegen Repression und Abschiebung am 21.05.2024 in Arnstadt. Zeigt euch solidarisch und kommt zahlreich:

JEDE ABSCHIEBUNG IST EIN VERBRECHEN – SIE ZU VERHINDERN NICHT!

Kommt zur Kundgebung: Gegen jede Abschiebung! Auf die Straße gegen Repression und Kriminalisierung! Für Bewegungsfreiheit und praktische Solidarität!

21.05.2024, 13 Uhr
Amtsgericht Arnstadt (Längwitzer Str. 26)

Vor einem Jahr versammelten sich 60 Menschen nachts vor dem Haus einer Person in Arnstadt, um deren Abschiebung zu verhindern. Die Polizei räumte die Blockade mit Gewalt, um ihren rassistischen Auftrag zu erfüllen: einen schutzsuchenden Menschen in ein Land abzuschieben, aus dem ihm eine Kettenabschiebung nach Syrien – und somit sein Tod – drohte.

Die Blockade hatte Erfolg, der Mensch konnte nicht abgeschoben werden. Für ihre Solidarität werden Menschen nun zu Bußgeldern in dreistelliger Höhe verdonnert. Am 21.05. findet die öffentliche Verhandlung einer Person vor dem Amtsgericht Arnstadt statt. Wir wollen an diesem Tag unseren Protest laut machen – gegen jede Abschiebung, egal von wem, egal wohin!

Zeigen wir, dass unser Widerstand nicht zu brechen ist. Kommt und zeigt eure Solidarität. Gegen den Staat, der versucht, uns zu trennen. Für das Recht zu kommen, zu gehen und zu bleiben – für alle!

Wir freuen uns, dass das Bußgeldverfahren gegen eine Person so solidarisch und kritisch von Protest begleitet wird. Wir stehen hinter allen Aktivisti, die von den saftigen Bußgeldern betroffen sind. Ihr habt Geld übrig, welches gesammelt und wollt auch unterstützen? Kohle für die von der Repression betroffenen könnt ihr auf unserem Spendenkonto dalassen unter dem Verwendungszweck „Stop Deportation“.

Ihr möchtet nachlesen, was da vor einem Jahr los war? Da gibt es einen Text, der kurz nach der besagten Aktion auf der Seite vom Infoladen Sabotnik veröffentlicht wurde.

[Anlaufstelle] 6. Juni 2024

Ihr habt böse Briefe von der Polizei, einen Strafbefehl oder Anklageschrift oder gar Besuch von den Repressionbehörden bekommen? Wie immer gilt: Keine Panik, ihr seid nicht allein! Anna und Arthur halten’s Maul – kommt lieber bei uns vorbei mit euren Fragen und Problemen.

Am 6. Juni 2024 sind wir – wie jeden ersten Donnerstag im Monat – mit unserer Anlaufstelle wieder für euch da.

Bringt am besten vorliegende Papiere mit. Wenn ihr sichergehen wollt, kündigt euch gern per Mail (mit Vorliebe verschlüsselt) an.

Wie ist es mit Covid und Infektionsschutz? Wir finden es nett und rücksichtsvoll, wenn ihr negativ getestet bzw. mit medizinischer Maske kommt und bei entsprechenden Symptomen besondere Vorsicht walten lasst.

Wann? Donnerstag, den 6. Juni 2024 von 18 bis 19 Uhr
Wo? Offene Arbeit Erfurt (Allerheiligenstraße 9), Hinterhaus

[Anna & Arthur] Tipps Bei Post wegen 1. Mai 2023 in Gera

Aktuell erhalten Menschen im Zusammenhang mit dem Polizeikessel bei der Demo am 1. Mai 2023 in Gera Briefe von der Kriminalpolizeiinspektion Gera. Vorgeworfen wird den Betroffenen darin „Landfriedensbruch“, oft begleitet von dem Vorwurf, gegen das Vermummungs- und Uniformierungsverbot verstoßen zu haben. In den Briefen ist ein Anhörungsbogen dabei und die Aufforderung der Polizei, diesen auszufüllen. Wir empfehlen euch:

  • Bleibt ruhig.
  • Äußert euch nicht gegenüber der Polizei – weder schriftlich, noch mündlich. Füllt den Anhörungsbogen nicht aus. Geht nicht hin, falls sie euch zur Befragung „einladen“. Das kann euch nicht negativ ausgelegt werden. Also: Auf das Schreiben der Polizei nicht reagieren.
  • Informiert bitte uns bzw. eure zuständige Rote Hilfe Ortstgruppe darüber, dass ihr einen Brief bekommen habt. Am besten schreibt ihr eine verschlüsselte Mail.
  • Teilt uns bitte mit, wenn bei euch besondere Umstände vorliegen, z.B. ein unsicherer Aufenthaltsstatus oder wenn ihr auf Bewährung seid. Dann schauen wir, ob es dringenderen Handlungsbedarf gibt.
  • Den Brief abheften, sodass ihr ihn wiederfindet.
  • Informiert auch eure Bezugsgruppen über das Vorgehen der Repressionsbehörden und teilt die Tipps mit ihnen.
  • Solltet ihr ein Schreiben von Staatsanwaltschaft oder Gericht bekommen, also z.B. einen Strafbefehl oder eine Anklage, meldet euch bitte umgehend bei uns oder eurer Rote Hilfe Ortsgruppe. Achtet dabei auf etwaige Fristen in dem Brief. Die sind wichtig einzuhalten, um Einspruch einzulegen.

Stick Together! Ziel von Repression ist es, uns einzuschüchtern, zu stressen, zu entmutigen, kleinzumachen. Also falls ihr euch so fühlt, ist das kein Zeichen von Schwäche – sondern ziemlich normal. Lassen wir uns nicht vereinzeln, sondern begegnen der Repression kollektiv! Sprecht mit euren vertrauten Menschen, fragt einander, was ihr braucht, unterstützt und stärkt euch.

Unsere Anlaufstelle für Betroffene von Repression ist für euch offen. Sie findet immer am 1. Donnerstag im Monat von 18 bis 19 Uhr im Hinterhaus der Offenen Arbeit Erfurt statt.

Im November 2023 wurden in diesem Zusammenhang bundesweit Antifaschist:innen mit Hausdurchsuchungen überzogen. Jetzt wird mit einschüchternder Post das nächste Repressionsbesteck ausgepackt. Damals wie heute gilt für alle Repressionsbetroffenen:

Ihr seid nicht allein!

Veranstaltungstipp! Beim nächsten OAT Erfurt am Freitag, den 26. April 2024 um 18 Uhr geht es um den letzten und anstehenden 1. Mai in Gera.

[Anlaufstelle] 2. Mai 2024

Ihr habt böse Briefe von der Polizei, einen Strafbefehl oder Anklageschrift oder gar Besuch von den Repressionbehörden bekommen? Wie immer gilt: Keine Panik, ihr seid nicht allein! Anna und Arthur halten’s Maul – kommt lieber bei uns vorbei mit euren Fragen und Problemen.

Am 2. Mai 2024 sind wir – wie jeden ersten Donnerstag im Monat – mit unserer Anlaufstelle wieder für euch da.

Bringt am besten vorliegende Papiere mit. Wenn ihr sichergehen wollt, kündigt euch gern per Mail (mit Vorliebe verschlüsselt) an.

Wie ist es mit Covid und Infektionsschutz? Wir finden es nett und rücksichtsvoll, wenn ihr negativ getestet bzw. mit medizinischer Maske kommt und bei entsprechenden Symptomen besondere Vorsicht walten lasst.

Wann? Donnerstag, den 2. Mai 2024 von 18 bis 19 Uhr
Wo? Offene Arbeit Erfurt (Allerheiligenstraße 9), Hinterhaus

[Anlaufstelle] 4. April 2024

Bei der Anlaufstelle am ersten Donnerstag im Monat, also am 4. April 2024 sind wir wieder für euch da, wenn ihr böse Briefe oder Besuch von Repressionbehörden bekommen habt. Wie immer gilt: Keine Panik, ihr seid nicht allein! Anna und Arthur halten’s Maul – kommt lieber bei uns vorbei mit euren Fragen und Problemen.

Bringt am besten vorliegende Papiere mit. Wenn ihr sichergehen wollt, kündigt euch gern per Mail (mit Vorliebe verschlüsselt) an.

Wie ist es mit Covid und Infektionsschutz? Wir finden es nett und rücksichtsvoll, wenn ihr negativ getestet bzw. mit medizinischer Maske kommt.

Wann? Donnerstag, den 4. April 2024 von 18 bis 19 Uhr
Wo? Offene Arbeit Erfurt (Allerheiligenstraße 9), Hinterhaus

[Budapest] Soli-Erklärung für die verfolgten Antifas

Wir denken an euch und stehen an eurer Seite

Solidaritätserklärung des Solidaritätskreises Jena für die verfolgten Antifaschist:innen, unterstützt von Jenaer und Erfurter Gruppen und Organisationen, Februar 2024

+++ Achtung: Im Folgenden wird es um rechte, staatliche und sexualisierte Gewalt gehen. +++

Nach Angriffen auf Neonazis im Vorfeld und am Rande eines neonazistischen Groß-Events in der ungarischen Hauptstadt Budapest Anfang Februar 2023 verfolgen die ungarische und deutsche Polizei mehrere Antifaschist:innen aus Ungarn, Italien und Deutschland. Zwei von ihnen befinden sich seitdem in Untersuchungshaft in einem Gefängnis in Budapest. Zusätzlich suchen sie nach mindestens circa 10 Antifaschist:innen aus Deutschland. Diese wurden trotz einer weitreichenden Öffentlichkeitsfahndung bis heute nicht gefunden und scheinen sich dem Zugriff der Behörden zu entziehen. Ihnen drohen Untersuchungshaft, möglicherweise auch die Auslieferung nach Ungarn, ein politisch aufgeladener Prozess und Strafhaft.

Mehrere junge Leute aus Jena befinden sich unter den Gesuchten. Wir kennen sie als herzliche Freund:innen und engagierte Mitstreiter:innen. Außerdem hat die deutsche Polizei am 15. März 2023 mehrere Wohnungen in Jena durchsucht und die Bewohner:innen, darunter Eltern und ihre Kinder, stundenlang schikaniert und erniedrigt. Diese Ereignisse haben uns sehr aufgewühlt. Wir haben uns daher entschieden, diese gemeinsame Erklärung herauszubringen.

Wir erklären öffentlich, dass wir an der Seite der Antifaschist:innen stehen, denen die Polizei und die Medien die Angriffe in Budapest zuschreiben. Wir wissen aus unserer Geschichte und aus der Gegenwart, dass wir uns nur selbst schützen können und dass es unsere Aufgabe ist, die Neonazis zu bekämpfen. Wir haben die Überfälle auf die JG, das Kassablanca und die besetzten Häuser in Jena-Ost und unsere Verletzten, Traumatisierten und Toten aus den 90er Jahren nicht vergessen. Wir haben auch nicht vergessen, dass der NSU, der aus unserer Stadt kommt, in den 2000er Jahren zehn Menschen hingerichtet hat und dass die Behörden – von der sozialen Arbeit bis hin zu Polizei und Verfassungsschutz – die rechten Terrorist:innen dabei direkt oder indirekt unterstützt haben. Und beim Prozess gegen die Eisenacher Neonazi-Gruppe Knockout 51 am OLG Jena können wir uns noch einmal davon überzeugen, dass wir es in Thüringen mit starken gewalttätigen und terroristischen Neonazi-Netzwerken zu tun haben. Zudem haben die Ereignisse in Budapest deutlich gezeigt, dass die Neonazis sich international zusammenschließen. So waren auch Thüringer Neonazis von der Neuen Stärke Erfurt beim neonazistischen Event in Budapest vertreten. Der militante Antifaschismus stellt sich nicht als Frage, er drängt sich als Notwendigkeit auf. Uns ist klar, dass wir mutige Menschen brauchen, die sich den Neonazis entgegenstellen.

Wir denken an die zwei Inhaftierten in Budapest, die unter den widrigsten Haftbedingungen isoliert und schikaniert werden. Wir denken an unsere Freund:innen und Mitstreiter:innen, die seit Monaten von der Polizei gejagt werden und denen Haft in deutschen oder ungarischen Knästen droht. Wir denken an ihre Familien, deren Angst und Sorge uns nahe geht und uns betroffen macht. Wir denken an all die Menschen, die observiert, überwacht und eingeschüchtert werden. Wir wünschen ihnen und uns allen viel Mut und Zuversicht.

Wir unterstützen die Spendenkampagnen für die Inhaftierten:

Rote Hilfe e.V.
GLS-Bank
IBAN: DE55 4306 0967 4007 2383 17
BIC: GENODEM1GLS
Verwendungszweck: Budapest

Sollte es zu Untersuchungs- oder Strafhaft kommen, werden wir die Inhaftierten praktisch und politisch unterstützen. Sollten die Behörden drohen, die Beschuldigten nach Ungarn auszuliefern, werden wir uns der Kampagne gegen die Auslieferung anschließen. Wenn es zu einem Prozess kommt, werden wir ihn solidarisch begleiten und den Angeklagten beistehen.

Wir möchten noch zwei Dinge ansprechen, die uns nachdenklich machen. Was die Taten betrifft, die den Antifaschist:innen vorgeworfen werden, haben wir unterschiedliche Perspektiven und Einschätzungen, auch Zweifel und Kritik. Hier wünschen wir uns weiterhin das ehrliche und offene Gespräch untereinander, eine Verständigung innerhalb der antifaschistischen Bewegung, auch über konkrete militante Praxis. Zum anderen wissen wir aus anderen Verfahren wie dem Antifa-Ost-Verfahren, dass Beschuldigte und Angeklagte keine Held:innen sind und dass es in der Vergangenheit auch unter uns große Probleme gegeben hat, dass es unter uns Männer gegeben hat, die ihre Freund:innen und Partner:innen bedrängt oder misshandelt haben, und andere, die weggeschaut haben. Sollten solche Dinge hochkommen, werden wir die Augen nicht verschließen und uns dem stellen. Konkret heißt das auch, dass die Soligruppen vor Ort für diese Themen immer ansprechbar sind.

Trotz aller Diskussionen, die wir miteinander noch zu führen haben: Wir bekennen uns zu einem entschlossenen Antifaschismus. Wir wünschen den inhaftierten und verfolgten Antifaschist:innen alles Gute. Wir stehen an ihrer Seite und werden sie in der Haft und vor Gericht verteidigen. Wir stehen auch den Angehörigen und Freund:innen bei. Ihr könnt auf uns zählen.

PS.: Im Prozess der Veröffentlichung dieser lang diskutierten Erklärung überschlugen sich die Ereignisse. Eine Person aus dem Kreis der verfolgten Antifaschist:innen aus Jena wurde am 11. Dezember 2023 festgenommen und wird seither in der JVA Dresden gefangen gehalten. Ihr droht die Auslieferung nach Ungarn. Wir schicken Maja viel Kraft und Mut für die Untersuchungshaft und schließen uns der Forderung an, dass niemand nach Ungarn ausgeliefert werden darf. Majas Familie und Freund:innen gelten unser Mitgefühl und unsere Solidarität.

Verfasst vom Solikreis Jena für die wegen der Vorfälle in Budapest Verfolgten

Unterstützt von den folgenden Organisationen und Gruppen:

Undogmatische Radikale Linke (URL)
Feminist Antifascist Intersectional Radical Youth (FAIRY)
Jetzt erst recht
Infoladen Jena
Tierbefreier:innen Jena
Seebrücke Jena
Gemeinsam Kämpfen Jena
Rote Hilfe Ortsgruppe Jena
Feministischer Streik Jena
Ortsgruppe Jena des BDP Thüringen
Freie Arbeiter:innen-Union (FAU) Jena
Café Wagner Jena
Infoladen Sabotnik Erfurt
Rote Hilfe Ortsgruppe Erfurt
Dissens Antifa Erfurt