der sog. „Radikalenerlass“ der alten BRD gegen Kommunist:innen und Sozialist:innen wird 50 Jahre alt. Betroffene wurden unter der Regierung Willy Brandt mit einem Berufsverbot belegt und sind nachwievor nicht rehabilitiert. Angesichts dieses Negativ-Jubiläums sind die Forderungen aktueller denn je und werden gesellschaftlich breiter diskutiert. Die Rote Hilfe veranstaltet dazu eine Online-Veranstaltung mit drei „prominenten“ Betroffenen.
Allgemeine Infos zur Sache: https://berufsverbote.de
In diesem Sinne: „Sei keine Duckmaus! Aktiv gegen Berufsverbote!“
Veranstaltungsankündigung
18. Februar/18.00-19.30 Uhr
50 Jahre Radikalenerlass – Weg mit Berufsverboten & Klassenjustiz!
Zugangsdaten: https://rote-hilfe.collocall.de/b/dem-fhi-gxj-zkk
Am 28. Januar 2022 jährt sich zum 50. Mal die Verabschiedung des Radikalenerlasses. Unter Vorsitz von Willy Brandt verabschiedeten die Ministerpräsidenten der Länder einen Beschluss, der die Behörden anwies, den Öffentlichen Dienst von so genannten Verfassungsfeinden zu säubern. Betroffen waren Postbot*innen, Lokführer*innen, Verwaltungsbeamt*innen und viele andere.
Millionen geheimdienstlicher Überprüfungen, Zehntausende von Verhören und weit über 1500 vollstreckte Berufsverbote waren die Folge.
Das Material lieferte der Inlandsgeheimdienst „Verfassungsschutz“ (VS). Um die so genannten Regelanfragen zu allen Anwärter*innen zu bewältigen, wurde der VS zu einem gigantischen und nahezu unkontrollierbaren Apparat aufgebläht.
Als gesetzliche Grundlage griffen die Regierenden auf die „Gewährbieteklausel“ des deutschen Beamtenrechts zurück, die aus dem nationalsozialistischen „Gesetz zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums“ vom Mai 1933 stammt.
Das Ziel aller Aktivitäten gegen alte und neue Berufsverbote muss deswegen auch die Abschaffung der gesetzlichen Grundlagen für diese Form der Repression sein. Bis heute kämpfen zahlreiche Betroffene um Rehabilitierung und Entschädigung, bis heute kommen neue Fälle dazu.
Dazu diskutieren:
Lothar Letsche aus Tübingen wollte Gymnasiallehrer werden und erhielt 1977 dafür Berufs- und Ausbildungsverbot. Er arbeitete danach als Verlagsredakteur für Schulbücher und war ab 1981 wissenschaftlicher Angestellter am Deutschen Institut für Fernstudien in Tübingen. Dort wurde er auf Befehl des Wissenschaftsministeriums am letzten Tag der Probezeit gekündigt. Er gewann den Prozess, wurde Betriebsratsmitglied und arbeitete bis zur Rente am Institut. Seit 2001 betreut er die Homepage berufsverbote.de, die der Dokumentation und Solidarität unter den Betroffenen dient.
Silvia Gingold aus Kassel erhielt 1975 Berufsverbot als Lehrerin, weil sie Mitglied in der DKP war. Da das Verwaltungsgericht die Begründung für „nicht ausreichend“ erklärte, musste sie ab 1976 in den Schuldienst eingestellt werden, allerdings nur als Angestellte. Auf Grund ihrer antifaschistischen und friedenspolitischen
Aktivitäten überwacht der Inlandsgeheimdienst „Verfassungschutz“ sie bis heute, wogegen sie Klage vor Gericht erhoben hat.
Michael Csaszkóczy, Realschullehrer aus Heidelberg, wurde auf Grund seines antifaschistischen Engagements 2003 in Baden-Württemberg und 2005 in Hessen nicht eingestellt. Nach breiter Protestbewegung und Urteil des Verwaltungsgerichtshofs Mannheim musste er 2007 in den Schuldienst übernommen und teilweise entschädigt werden. Auch er hat von 2012 bis 2016 gegen seine andauernde Überwachung durch den „Verfassungsschutz“ geklagt.
Eine Veranstaltung der Roten Hilfe e.V.